
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat in einem Interview mit „WEB.DE“ eine umfassende Neugestaltung der Mietgesetzgebung gefordert und der Bundesregierung fehlenden politischen Willen vorgeworfen. Angesichts der angespannten Wohnraumsituation in der bayerischen Landeshauptstadt kritisierte der SPD-Politiker: „Egal, welche politische Couleur: Niemand traut sich an echte Reformen.“
Reiter plädierte eindringlich für bundesweit verbindliche Mietobergrenzen, die Vermietern ab einem definierten Quadratmeterpreis jede weitere Erhöhung untersagen sollen. „Ab einem bestimmten Quadratmeterpreis wäre dann keine Erhöhung mehr möglich“, so Reiter. Diese Maßnahme sei unerlässlich, um die Spekulation auf städtischem Wohnraum einzudämmen und die Mieterhöhungen zu begrenzen.
Leistungsloses Profiteur-Dasein der Vermieter
Scharfe Kritik übte Reiter an der aktuellen Entwicklung der Immobilienpreise: „Vermieter profitieren aktuell leistungslos davon, dass München so erfolgreich und attraktiv ist.“ Bei Neuvermietungen könnten diese „verlangen, was sie wollen“. Auch das staatliche Wohngeld bezeichnete der Oberbürgermeister als „ein Subventionsprogramm für Vermieter“, da es zwar die Belastung für Mieter mindere, jedoch nicht die Preisspirale stoppe.
Unternehmenspflicht als Druckmittel
Um in die Wohnungsknappheit strukturell einzugreifen, forderte Reiter ein bundesgesetzliches Druckmittel gegenüber großen Unternehmen: Wer eine Baugenehmigung für Gewerbeflächen erhalte, müsse zugleich die Unterbringung von zehn Prozent seiner Mitarbeiter nachweisen. Ohne eine verpflichtende Beteiligung der Privatwirtschaft sei eine nachhaltige Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nicht möglich, so Reiter.
Strengere Kappungsgrenze in München
Auch auf kommunaler Ebene sieht der SPD-Politiker Handlungsbedarf: Die bisher geltende Kappungsgrenze für Mieterhöhungen – aktuell bis zu elf Prozent in drei Jahren – hält Reiter für zu lasch. „Für München reichen auch drei Prozent, finde ich“, sagte er und bekräftigte, dass nur so ein spürbarer Schutz für Bestandsmieter gewährleistet werden könne.
SPD in der Selbstkritik
Mit Blick auf seine eigene Partei übte Reiter Selbstkritik: „Ich glaube, die SPD hat in den letzten Jahren die falschen Schwerpunkte gesetzt. Man hat sich zu sehr um Menschen gekümmert, die nicht arbeiten – und zu wenig um die, die jeden Morgen aufstehen und dieses Land am Laufen halten.“ Er forderte, dass die Mitte der Gesellschaft wieder stärker in den Blick genommen werde, um das Vertrauen in die Sozialdemokratie zu erneuern.
Reiters Reformvorschläge sind parteiübergreifend auf Zustimmung angewiesen, um die bundesweite Mietgesetzgebung neu auszurichten. Ob Union, Grüne oder FDP sich jedoch zu mutigen Schritten durchringen können, bleibt offen – bislang fehlte es laut Reiter an der nötigen politischen Courage.
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