Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte widerspricht der Einschätzung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland keine wirtschaftlichen Auswirkungen hätten. Die Sanktionen hätten „sehr wohl einen Effekt“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Zu beobachten sei das zum Beispiel am Rubel-Kurs, der seit Monaten stark fällt.
„Nur hatte sich Putin jahrelang auf diesen Krieg vorbereitet, Finanzreserven und Lagerbestände aufgebaut. Die Umgehung von Sanktionen in einer globalisierten Welt ist einfacher, siehe die plötzliche Importfreude von Kasachstan. China als Partner ist auch mehr als hilfreich“, sagte er.
Der SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetovic kritisierte den Fokus der Außenministerin. Der Teufel stecke im Detail. „Wie nachhaltig kann ein Wachstum sein, welches reinweg auf den massiven Ausbau der Kriegswirtschaft fußt? Das Wachstum scheint daher eher eine Blase zu sein, die bald zerplatzen wird“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Auch im Bereich des Wirtschaftswachstums gelte „der Marathongedanke: Wir haben zusammen mit unseren Verbündeten den längeren Atem. Und das sollte Außenministerin Baerbock nach vorne stellen“. Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter teilt die Einschätzung der Außenministerin ebenfalls nicht: „Russlands Wirtschaft leidet massiv unter den Sanktionen und die BIP-Prognosen des IWF zeigen auch nach unten“, sagte er, aber: Putin habe sein Land auf eine Kriegswirtschaft umgestellt.
„So gab es einen großen Anstieg an staatlichen Ausgaben im Rüstungssektor, denn die Rüstungsfabriken laufen Tag und Nacht, aber in der Automobilproduktion oder der Pharmaziebranche sind die Einnahmen massiv zurückgegangen.“ Kiesewetter wies auch auf die sinkenden Ölexporte hin. „Das sollten wir nicht unterschätzen“, sagte er, schließlich machten Öl- und Gasverkäufe einen großen Teil der russischen Staatseinnahmen aus.
„Russlands Wirtschaft gleicht also aktuell einem Kartenhaus, das zwar länger standhält, als man zu Beginn erwartete, aber immer instabiler wird“, so Kiesewetter. Er mahnte, die Sanktionen müssten schärfer überwacht werden. „Hier muss das Netz an Sanktionen noch enger gestrickt werden, so gibt es immer noch zu viel Umgehung über Drittstaaten wie Armenien, Georgien oder Kasachstan.“
Zudem müsse die Überwachung der Sanktionen gemeinschaftlich auf EU-Ebene stattfinden. „Die Bundesregierung agiert aber hier zu zurückhaltend, auch da offensichtlich deutsche Firmen bei der Sanktionsumgehung beteiligt sind“, sagte er.
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