Nachdem zwei Bildungsministerien in Deutschland die sogenannte „Gendersprache“ an Schulen verboten haben, zeigen sich die anderen 14 Bundesländer zurückhaltend. Das geht aus einer Abfrage der dts Nachrichtenagentur hervor. Ein Großteil der Ministerien bezieht sich demnach auf das amtliche Regelwerk des Rats für deutsche Rechtschreibung, empfiehlt aber eine gewisse Flexibilität.
„Im schulischen Alltag geht es darum, auszuloten, welche Entscheidungsspielräume Schulen in der Diskussion um gendergerechte Sprache haben und wie der Bildungs- und Erziehungsauftrag umzusetzen ist“, sagte ein Sprecher des mecklenburg-vorpommerischen Bildungsministeriums in Schwerin der dts Nachrichtenagentur; da sich Gendersonderzeichen „zunehmend in den Medien und im Alltag“ verbreiteten, sei es notwendig, diese Form des Genderns zu thematisieren und die Nutzung von Genderzeichen „altersgerecht sowie adressaten- und situationsbezogen“ zu handhaben.
Ähnlich positioniert sich Rheinland-Pfalz: „Sprache ist lebendig, Sprache schafft Bewusstsein und Sprache verändert sich“, sagte eine Sprecherin des Bildungsministeriums in Mainz; „Ziel geschlechtergerechter Sprache ist es, alle Geschlechter auf respektvolle Art und Weise anzusprechen und dies sichtbar zu machen, weshalb es sinnvoll und notwendig ist, diese gesellschaftliche Entwicklung auch in der Schule zu thematisieren“, ergänzte sie.
Einigkeit herrscht über die Ländergrenzen hinweg auch beim Bemühen um „geschlechtergerechte Sprache“ ohne Sonderzeichen: „Dem Anliegen einer sprachlichen Repräsentanz aller Geschlechter wird in der Schule insbesondere durch die Verwendung geschlechtsspezifischer Einzelformen (z. B. Lehrerin), Paarformeln (z. B. Schülerinnen und Schüler) oder geschlechtsneutraler Ausdrücke (z.B. Jugendliche) Rechnung getragen“, sagte etwa ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums in München der dts Nachrichtenagentur.
Zuletzt hatte das Bildungsministerium in Sachsen-Anhalt als zweites Bundesland nach Sachsen die Nutzung sogenannter Gendersternchen und anderer Arten der Gender-Schreibweise an Schulen untersagt; begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung jüngst verkündet hatte, „dass die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren zur Kennzeichnung verschiedener Geschlechtsidentitäten weiterhin nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie gehört und folglich den aktuellen Festlegungen des amtlichen Regelwerks nicht entspricht“.
Dementgegen verwies Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) bereits in der Vergangenheit darauf, dass der Rat die Genderzeichen in einen neuen Sonderzeichenkatalog aufgenommen habe; das halte er für „einen ersten Schritt des Wandels“, so Holter. Auf Diskrepanzen innerhalb der Verwaltung wies unterdessen der Bremer Bildungssenat hin: Zwar gelte an Schulen die amtliche deutsche Rechtschreibung, da die Bremer Verwaltung allerdings den Doppelpunkt empfehle, „wäre es schwierig zu begründen, ihn in schulischen Texten als Fehler anzurechnen“, sagte ein Sprecher. Im Nachbarbundesland sollen gegenderte Begriffe in Klassenarbeiten ebenfalls nicht als Rechtschreibfehler gewertet werden: Man gebe den Schülern einen „großen Freiraum“, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Kultusministeriums in Hannover der dts Nachrichtenagentur.
Eine ähnliche Entscheidungsfreiheit sehen die Behörden in Rheinland-Pfalz vor: Schüler erhielten keinen Punktabzug oder eine schlechtere Note, „wenn sie in einer schriftlichen Ausarbeitung Genderzeichen nutzen oder nicht gendern“, hieß es aus Mainz. Lediglich in Brandenburg stellte eine Sprecherin klar: „Keine Verwendung von Gendersternchen, Binnen-I, Schrägstrich oder Auslassungen, die weibliche und die männliche Form sind auszuschreiben, die Reihenfolge kann wechseln. Da wo sinnvoll und gebräuchlich, können Alternativen genutzt werden, wie beispielsweise Lehrkräfte, Studierende, Auszubildende usw.“
Und die Hauptstadt selbst gibt sich besonders tolerant: „Gendergerechte Schreibweise, die nicht vom Amtlichen Regelwerk anerkannt wird, darf nicht als falsch bewertet werden, wenn sie in sich schlüssig angewendet wird“, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung der dts Nachrichtenagentur; die „Meinungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler“ sei zu beachten. Laut Umfragen wird die sogenannte Gendersprache von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Für die harten Befürworter dürfte aber auch die nun vielfach empfohlene Verwendung der Paarform („Bürgerinnen und Bürger“) keine gute Lösung sein – denn sie schließt nach der Gendertheorie noch stärker als das Generische Maskulinum alle Menschen aus, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen.
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