Russlands wilde 90er – Wie ein Jahrzehnt der Freiheit den Weg für Putin ebnete

Russlands wilde 90er (über rbb/Artem Demenok)
Russlands wilde 90er (über rbb/Artem Demenok)

Chaos, Hoffnung, Absturz – kaum eine Zeit prägt das heutige Russland so sehr wie die 1990er Jahre. Nach dem Zerfall der Sowjetunion schien plötzlich alles möglich: Demokratie, Marktwirtschaft, westlicher Wohlstand. Doch für viele Menschen bedeuteten die sogenannten „wilden 90er“ vor allem Armut, Unsicherheit und den Zusammenbruch staatlicher Ordnung.

Die neue ARD-Dokumentation „Russlands wilde 90er – Zwischen Demokratie und Putin“ von Artem Demenok zeichnet dieses zerrissene Jahrzehnt nach – und zeigt, warum man die Herrschaft Wladimir Putins ohne diese Epoche nicht verstehen kann.

Ein Land im Umbruch – und im freien Fall

Als Boris Jelzin 1991 die Demokratie versprach, verbanden viele Russen damit eine Hoffnung auf Freiheit und Wohlstand. Stattdessen erlebten sie:

  • den Absturz des Rubels und massenhafte Verarmung,
  • chaotische Privatisierungen, bei denen wenige zu Oligarchen wurden,
  • Mafia-Strukturen und organisierte Kriminalität,
  • politische Unruhen – insbesondere den gewaltsamen Machtkampf 1993,
  • zwei brutale Kriege in Tschetschenien,
  • und schließlich die Staatspleite 1998.

Für viele Menschen bedeutete „Freiheit“ in diesen Jahren vor allem: keine Sicherheit, keine Regeln, kein funktionierender Staat.

Warum viele heute sagen: Putin brachte Ordnung

Die Erfahrung dieser Unsicherheit prägt das gesellschaftliche Gedächtnis Russlands bis heute. Putin trat 1999 als derjenige auf, der Stabilität versprach – und durch autoritäre Strukturen schuf. Viele Menschen verbinden mit ihm das Ende von Armut und Chaos. Diese Wahrnehmung ist eine direkte Reaktion auf die 90er Jahre – und erklärt Putins lang anhaltende Popularität.

Zeitzeugen erinnern sich

In der 60-minütigen Doku berichten Menschen, die diese Zeit erlebt und geprägt haben, darunter:

  • Historikerin und Influencerin Tamara Eidelman,
  • die Schriftsteller Michail Schischkin und Wladimir Sorokin,
  • Politologin Ekaterina Schulmann,
  • Bürgerrechtler Oleg Orlow,
  • und der frühere Kreml-Stabschef Alexander Woloschin, heute Unternehmer.

Sie erzählen von Chancen, die sich öffneten – und von der tiefen Enttäuschung, die folgte.

Sendetermin

Die Dokumentation „Russlands wilde 90er – Zwischen Demokratie und Putin“ läuft am Montag, 3. November 2025, um 23:35 Uhr im Ersten (ARD). Im Anschluss steht der Film für zwölf Monate in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.

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