Weniger Bürokratie im Bauwesen: Wirtschaft fordert mehr Vertrauen und Eigenverantwortung

Dr. Armin Zitzmann, Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken (über IHK Nürnberg für Mittelfranken)
Dr. Armin Zitzmann, Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken (über IHK Nürnberg für Mittelfranken)

Weniger Vorschriften, mehr Praxisnähe und ein neues Verständnis von Vertrauen – das fordert der gemeinsame Praktikerrat der IHK Nürnberg für Mittelfranken und der Handwerkskammer für Mittelfranken (HWK). Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung trafen sich im „Haus der Wirtschaft“ in Nürnberg, um über Wege zu sprechen, wie Bürokratie im Bauwesen abgebaut und Verfahren beschleunigt werden können.

„Mehr Eigenverantwortung, weniger Papier“

Aus Sicht vieler Betriebe im Planungs-, Bau- und Ausbaugewerbe ist die Bürokratie zur größten Bremse geworden. Fehlende Genehmigungen verlängern Betriebsurlaube, Dachdecker kämpfen mit Herkunftsnachweisen für Dachlatten, und Bauunternehmen dürfen kein Altholz verwerten, weil sie formal nicht als holzverarbeitend gelten.

Walter Nussel, Beauftragter für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung, sprach von einem Thema, das „in der Bevölkerung so präsent ist wie kaum ein anderes“. Sein Leitbild: Artikel 153 der Bayerischen Verfassung, der Unternehmen zur Entwicklung ermutigt und sie vor Überlastung schützen soll. „Mehr Eigenverantwortung, bessere Kommunikation und praxisnahe Umsetzung müssen im Vordergrund stehen“, so Nussel. „Wir sollten Regelungen bereits vor Veröffentlichung aus der Praxis heraus prüfen – nicht erst danach korrigieren.“

Digitale Transparenz statt Papierflut

Ein weiterer Ansatzpunkt: mehr Digitalisierung. Betriebe beklagen, dass Bauanträge oft in verschiedenen Behördenabschnitten hängen bleiben – ohne Einblick in den Bearbeitungsstand. Eine Art „Sendungsverfolgung für Bauanträge“ könne hier Abhilfe schaffen.

Auch die Einbindung der Wirtschaft bei Satzungsänderungen könnte nach Ansicht der Kammern helfen, Fehlsteuerungen zu vermeiden – etwa bei kommunalen Stellplatznachweisen.

„Nicht weniger Kontrolle, sondern intelligentere Verfahren“

Dr. Armin Zitzmann, Präsident der IHK Nürnberg, machte deutlich: „Wir wollen keinen Qualitätsabbau, sondern den Abbau von Überregulierung. Nicht weniger Kontrolle, sondern intelligentere Verfahren. Und nicht weniger Nachhaltigkeit, sondern mehr Wirtschaftlichkeit durch weniger Hürden.“

Thomas Pirner, Präsident der HWK Mittelfranken, forderte mehr Vertrauen: „Unsere Betriebe beweisen täglich, dass sie Verantwortung übernehmen – in der Energiewende, der Gebäudesanierung oder im Wohnungsbau. Dafür brauchen sie politische Rahmenbedingungen, die sie unterstützen statt ausbremsen.“

Ziel: Effizienter und schneller bauen

Dr. Martin Kraus-Vonjahr, Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, betonte den Nutzen effizienter Verfahren: „Unser Ziel ist es, einfacher, schneller und kostengünstiger zu bauen. Dazu müssen wir Regelungen und Prozesse auf den Prüfstand stellen – gemeinsam mit Kammern und Bauwirtschaft.“

Der Praktikerrat, der im Sommer 2024 gegründet wurde, will den Dialog fortsetzen und konkrete Vorschläge zur Vereinfachung von Bauprozessen erarbeiten. Erste Impulse flossen bereits in die bayerischen Modernisierungsgesetze ein.

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