
Stell dir vor, du startest deinen Tag nicht mit der gewohnten Übersicht über Termine, sondern wirst direkt von einem Feuerwerk an Tweets, Live-Stream-Kommentaren und dringenden E-Mail-Anfragen aus Lokalredaktionen begrüßt. Genau in dieses Spannungsfeld ist Raffi Gasser in seiner aktuellen Studie eingetaucht und hat dabei die zentrale Frage geklärt: Wie wandelt sich die Rolle des Pressesprechers in der kommunalen Verwaltung angesichts dieser digitalen Kommunikationsrevolution – und welche neuen Anforderungen bringt sie mit sich?
Vier Kernfragen im Fokus der Untersuchung
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Subfragen, die systematisch die unterschiedlichen Facetten kommunaler Kommunikation beleuchten:
- Digitalisierung & Social Media: Einfluss neuer Plattformen auf das Aufgabenspektrum
- Medienbeziehungen im Wandel: Wie klassische Journalistenkooperation heute aussieht
- Kompetenzbedarf: Erforderliche fachliche und methodische Skills
- Politische & lokale Rahmenbedingungen: Wirkung von Verwaltungsvorgaben und kommunalen Besonderheiten
Raffi Gasser, Autor der Studie, verknüpfte zur Beantwortung seiner Forschungsfragen qualitative Umfragen (303 teilnehmende kommunale Vertreter) mit einer quantitativen Analyse behördlich betriebener Webseiten und Social-Media-Kanäle.
Die neue Aufgabenpalette: Multichannel, Echtzeit und datenbasiertes Storytelling
- Multichannel-Management als neue Kernaufgabe
Pressesprecher steuern heute nicht nur Pressemitteilungen, sondern koordinieren parallel Beiträge auf Twitter, Facebook, Instagram und in lokalen Online-Foren. Die Studie zeigt, dass dafür ein hohes Maß an organisatorischem Geschick und Plattform-Know-how nötig ist. - Echtzeit-Krisenkommunikation fordert Flexibilität
Während früher formale Freigabeprozesse Tage in Anspruch nahmen, verlangen Shitstorms und Bürgeranfragen schnelle Reaktionszeiten. Viele Kommunen haben dafür inzwischen verkürzte Entscheidungswege etabliert, um im Ernstfall unkompliziert zu antworten. - Neue Kompetenzen: Data Literacy und Storytelling
Aus der Umfrage geht hervor, dass Pressesprecher verstärkt soziale Netzwerke nicht nur bedienen, sondern aktiv auswerten. Data-Analytics-Tools helfen, Trends zu identifizieren und Inhalte zielgruppengenau aufzubereiten. Gleichzeitig gewinnt kreatives Storytelling an Bedeutung, um Verwaltungsinhalte verständlich und ansprechend zu vermitteln. - Politische Neutralität im Spannungsfeld
Die Studie weist darauf hin, dass persönliche Profile in sozialen Medien die Trennung zwischen privatem und dienstlichem Auftritt herausfordern. - Lokale Besonderheiten prägen Kommunikationsstrategien
Größe, Budget und Bürgerstruktur einer Kommune wirken sich laut Studie stark darauf aus, welche Kanäle priorisiert werden. Während Großstädte häufig auf aufwändige Multimedia-Formate setzen, setzen kleinere Gemeinden eher auf klassische Pressearbeit und gezielte Facebook-Gruppen.
Handlungsempfehlungen für eine zukunftsfähige kommunale Pressestelle
Als zentrale Handlungsfelder empfiehlt die Studie, hybride Redaktionspläne zu entwickeln, die klassische und digitale Kanäle gleichermaßen bedienen, sowie regelmäßige Krisensimulationen zu etablieren, um im Ernstfall schnell und koordiniert reagieren zu können. Darüber hinaus betont Gasser die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterbildung in den Bereichen Social Media, Datenanalyse und digitalem Storytelling, um den wachsenden Anforderungen langfristig gewachsen zu sein.
Fazit: Die Studie macht klar, dass sich der kommunale Pressesprecher vom klassischen Informationslieferanten hin zu einem digitalen Kommunikationsstrategen wandelt. Wer künftig erfolgreich agieren möchte, muss multimedial agieren, datenbasiert entscheiden und flexibel auf politische sowie lokale Gegebenheiten reagieren.
Die vollständige Studie steht hier zum Download bereit: DOI:10.13140/RG.2.2.15789.60640

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