Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter. Das ist ein Problem für die Versorgung vor Ort, keine Frage. Doch die Debatte, wie sie derzeit geführt wird, wirkt erstaunlich einseitig. Die ABDA macht vor allem die Bundespolitik verantwortlich: zu geringe Honorare, zu viel Regulierung, zu wenig Planungssicherheit. Das mag eine Rolle spielen – aber es greift zu kurz.
Denn gleichzeitig hat sich das Nutzerverhalten in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Rezepte werden digitaler, Lieferzeiten kürzer, Vergleichsmöglichkeiten einfacher. Online-Apotheken sind für viele Menschen schlicht bequemer. Sie liefern nach Hause, oft sogar am nächsten Tag, bieten Preisvorteile und sorgen dafür, dass auch spezielle Medikamente schnell verfügbar sind. Sie reagieren flexibel auf die Bedürfnisse einer Gesellschaft, die Mobilität, Tempo und digitale Abläufe gewohnt ist.
Viele stationäre Apotheken haben diese Entwicklung zu spät ernst genommen. Statt eigene digitale Angebote auszubauen, wurden Versandhandel und E-Rezept lange eher als Bedrohung denn als Chance gesehen. Wer digitale Prozesse erst dann beginnt, wenn die Krise bereits sichtbar ist, hat es schwer aufzuholen.
Das heißt nicht, dass die wohnortnahe Versorgung unwichtig wäre. Gerade in ländlichen Regionen und für vulnerable Gruppen bleibt sie essenziell. Aber die Realität ist: Märkte verändern sich – und Gesundheitsversorgung muss das auch.
Statt also ausschließlich auf höhere Honorare zu setzen, braucht es Innovation, Kooperationen und neue Geschäftsmodelle. Apotheken, die Beratung, lokale Bindung und digitale Services zusammenbringen, haben Zukunft. Wer ausschließlich auf „so wie früher“ setzt, wird es zunehmend schwer haben.
Wer sagt, der Rückgang liege allein an der Politik, macht es sich zu einfach.


Kommentare