Pflege kaputt, Ausbildung kaputt, System kaputt

Pflege (über truthseeker08)
Pflege (über truthseeker08)

Es ist ein alarmierendes Signal – und zugleich ein politischer Offenbarungseid: Rund 30 Prozent der Auszubildenden in der Pflege brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab. Nicht, weil sie keine Lust mehr auf den Beruf hätten. Sondern weil ihnen ein System gegenübersteht, das ihnen Menschlichkeit, Sinn und Professionalität raubt, bevor sie überhaupt richtig anfangen können.

Was läuft da schief? Pflegewissenschaftler Carsten Hermes bringt es auf den Punkt: Solange Krankenhäuser als Renditemaschinen funktionieren, bleibt Pflege auf der Strecke. Wer tagtäglich erlebt, wie die Theorie im Klassenraum über Empathie, Selbstbestimmung und professionelle Pflege durch die Realität auf Station pulverisiert wird, erleidet „moral distress“. Junge Menschen, die mit Idealismus und Engagement starten, geraten unter die Räder eines Systems, das sie auf Effizienz und Verfügbarkeit reduziert.

Dabei ist Pflege längst kein Hilfsjob mehr, sondern eine hochkomplexe, wissenschaftlich fundierte Profession, die ein zentrales Ziel verfolgt: die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen – nicht das Erfüllen wirtschaftlicher Kennzahlen.

Doch genau daran scheitert es. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, die Praxisanleitung mangelhaft, und die Anerkennung fehlt. Franziska Aurich von ver.di fordert zurecht: Mindestens 30 Prozent Praxisanleitung müssen verpflichtend sein – und Verstöße müssen Konsequenzen haben. Solange das nicht geschieht, tragen die Arbeitgeber Mitverantwortung für die Abbrecherquote.

Statt immer neue Imagekampagnen zu starten, braucht es ehrliche Konsequenzen: bessere Ausbildungsbedingungen, mehr Personal, mehr Zeit für Anleitung, mehr Raum für Menschlichkeit – und ein Gesundheitssystem, das nicht länger Ökonomie über Ethik stellt.

Wenn ein Drittel der Auszubildenden vorzeitig geht, ist das kein individuelles Versagen – es ist ein struktureller Skandal. Wer diesen Beruf retten will, muss jetzt handeln. Alles andere ist verantwortungslos.

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