
Im Frühsommer 2025 feiert „Rock im Park“ sein 30-jähriges Bestehen. Die Erfolgsgeschichte des Festivals beginnt jedoch nicht in Franken, sondern 1993 in Wien – und führt über München letztlich nach Nürnberg. Was als süddeutsche „Zwilling“-Veranstaltung zu „Rock am Ring“ gedacht war, entwickelte sich rasch zu einem eigenständigen Festival mit unverwechselbarem Profil.
Die Premiere in Wien: „Rock in Vienna“
Idee und Hintergrund
Im Frühjahr 1993 beschlossen die Veranstalter ARGO Konzerte GmbH und Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG, eine Parallelveranstaltung zu „Rock am Ring“ zu starten – jedoch im Süden deutschsprachiger Länder. Ziel war es, dem enormen Andrang am Nürburgring entgegenzuwirken und gleichzeitig süddeutschen beziehungsweise österreichischen Fans ein Festival im eigenen Land zu bieten. So entstand das Konzept für „Rock in Vienna“, das am 16. und 17. Juli 1993 im Ernst-Happel-Stadion in Wien stattfand.
Line-up und Resonanz
Für die Premiere gelang es den Veranstaltern, internationale Top-Acts zu verpflichten. Headliner wie Def Leppard, INXS und Faith No More standen auf der Bühne, ergänzt von Künstlern wie Brian May (Queen), Leonard Cohen und Lenny Kravitz. Die Mischung aus Rock- und Pop-Größen sowie deutschen Bands wie Die Fantastischen Vier zog rund 45.000 Besucher an – ein deutliches Zeichen für das Potenzial eines süddeutschen Festivals.
Der Sprung nach München: „Rock in Riem“
Umzug und Namensänderung
Bereits ein Jahr später wurde „Rock in Vienna“ nach Deutschland verlegt. 1994 fand das Festival unter dem neuen Namen „Rock in Riem“ auf dem alten Flughafengelände München-Riem statt. Die Gründe waren logistischer Natur: München bot eine größere Infrastruktur, um den enormen Besucherzahlen gerecht zu werden, und lag näher am Kernmarkt Deutschland.
Programm-Highlights
Beim „Rock in Riem“ konnten Fans namhafte Bands wie Aerosmith, Peter Gabriel, Rage Against the Machine, The Smashing Pumpkins und Radiohead erleben. Das Gelände am ehemaligen Flughafen erlaubte erstmals mehrere Bühnen und großzügige Campingflächen. Etwa 60.000 Besucher kamen und bewiesen, dass sich die Festivalidee erfolgreich vom österreichischen Ursprung gelöst hatte.
Etablierung als „Rock im Park“ in München
Umbenennung und neue Spielstätte
1995 firmierte das Festival erstmals unter dem Namen „Rock im Park“. Erneut wurde der Standort verlegt: Dieses Mal zog das Festival ins Münchner Olympiastadion sowie den angrenzenden Olympiapark um. 1995 und 1996 bildete dieser Komplex die Heimat von „Rock im Park“, das nach wie vor parallel zu „Rock am Ring“ lief.
Musikalische Highlights und Publikumsreaktion
In den beiden Münchener Jahren konnte „Rock im Park“ internationale Größen wie Van Halen, Bon Jovi, Megadeth, Alanis Morissette, Rage Against the Machine, Sting und Die Toten Hosen präsentieren. Das Olympiastadion bot Platz für knapp 50.000 Zuschauer pro Tag, und die Kombination aus Stadionkonzerten und Freiluftbühne sorgte für eine besondere Festival-Atmosphäre. Rund 65.000 Besucher pro Veranstaltungstag zeigten, dass „Rock im Park“ längst kein bloßer Ableger von „Rock am Ring“ mehr war, sondern eine eigenständige Veranstaltung mit steigender Popularität.
Der endgültige Schritt nach Nürnberg: Rock im Park ab 1997
1997–2003: Zuzug ins Frankenstadion
1997 erfolgte der große Umzug nach Nürnberg. Die Veranstalter entschieden sich, „Rock im Park“ dauerhaft in Franken zu etablieren, um dem Festival eine eigene Identität zu verleihen und logistisch unabhängig von München und Wien zu sein. Erster Spielort in Nürnberg war das Frankenstadion, das mit seiner Kapazität von bis zu 75.000 Zuschauern ideale Rahmenbedingungen bot.
Bereits in der ersten Nürnberger Ausgabe standen Acts wie Die Toten Hosen, Héroes del Silencio und H-Blockx auf der Bühne, was den lokalen Bekanntheitsgrad rasch erhöhte. Die Nähe zur Nürnberger Altstadt und die gute Erreichbarkeit per Bahn und Auto trugen dazu bei, dass jährlich rund 60.000 bis 70.000 Besucher strömten.
2004: Wechsel auf das Zeppelinfeld
Im Jahr 2004 erfolgte aus baulichen Gründen am Frankenstadion der Umzug zur historischen Zeppelinfeld-Tribüne des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes. Das weitläufige Areal mit seinen charakteristischen Tribünen bot fortan die Zentrumsszene des Festivals, während sich rundherum Campingplätze, Food-Stände und Nebenbühnen erstreckten. Die architektonische Kulisse verleiht „Rock im Park“ bis heute ein einzigartiges Ambiente.
2006: Vorübergehendes Ausweichen in den Luitpoldhain
Aufgrund der Vorbereitungen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war das Zeppelinfeld kurzfristig nicht verfügbar. Infolgedessen wurde „Rock im Park“ für dieses Jahr in den Luitpoldhain verlegt – einen öffentlichen Park in der Nürnberger Südstadt. Die kurzfristige Verlagerung löste Spekulationen aus, „Rock im Park“ könnte Nürnberg ganz verlassen. Im November 2006 wurde jedoch verkündet, dass das Festival mit Vertrag bis 2007 weiterhin in Nürnberg bleiben würde.
Wachstum, Herausforderungen und Meilensteine (2007–2025)
Besucherrekorde und wirtschaftliche Bedeutung
In den Folgejahren wuchs „Rock im Park“ kontinuierlich. Zwischen 2007 und 2012 stieg die tägliche Besucherzahl von etwa 70.000 auf 76.000. 2017 wurde mit rund 88.500 Besuchern pro Tag ein neuer Rekord aufgestellt. Für die Region Franken stellt das Festival einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar: Hotels, Gastronomen und lokale Dienstleister verzeichnen in den drei Festivaltagen Umsätze in Millionenhöhe.
Musikalische Entwicklung und Programmschwerpunkte
Während in den Anfangsjahren vornehmlich Rock- und Metal-Bands den Takt angaben, weitet „Rock im Park“ sein musikalisches Spektrum zunehmend aus. Elektronische Acts, Popkünstler und Indie-Formationen sind seit den späten 2000er-Jahren fester Bestandteil des Line-ups. So fanden 2019 Bands wie Die Ärzte, Slipknot und Tool ebenso Platz wie Pop-Acts à la Alice Glass oder Twenty One Pilots.
Corona-Pandemie und digitale Krise
2020 und 2021 musste „Rock im Park“ aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Die von der Bundesregierung verhängten Beschränkungen für Großveranstaltungen ließen keine andere Wahl. Beide Ausgaben, geplant für Juni 2020 (mit Headlinern wie System of a Down, Green Day und Volbeat) und Juni 2021 (erneut Green Day, Volbeat und Muse), wurden offiziell gestrichen. Die Veranstalter boten Ticket-Inhabern volle Erstattungen oder Gutscheine an.
Wiederauferstehung und Jubiläumsausblick
Mitte Juni 2022 kehrte „Rock im Park“ als eine der ersten großen Festivals in Deutschland zurück. Headliner wie Green Day, Volbeat und Muse spielten vor 75.000 Fans auf dem Zeppelinfeld. Die entspannte Stimmung und die Hygienekonzepte machten das Comeback zu einem Erfolg. Für 2025, das 30-jährige Jubiläum, sind erneut internationale Top-Acts angekündigt: Slipknot, Bring Me the Horizon und Korn werden auf der Centerstage stehen, flankiert von nationalen Szenebands wie Beatsteaks, Feine Sahne Fischfilet und K.I.Z.
Die Entstehungsgeschichte von „Rock im Park“ ist ein Lehrstück über Erfolg durch stete Weiterentwicklung und Anpassung. Was 1993 als „Rock in Vienna“ begann und über „Rock in Riem“ in München schließlich seinen dauerhaften Sitz in Nürnberg fand, wurde durch konsequente Positionierung und kluge Standortwahl zu einem der bedeutendsten Festivals in Europa.
Jedes Jahr im Frühsommer strömen Zehntausende von Rock- und Metal-Fans nach Franken, um gemeinsam das Lebensgefühl von Freiheit, Gemeinschaft und Live-Musik zu erleben. Die Vision einer süddeutschen „Zwilling“-Veranstaltung zu „Rock am Ring“ hat sich längst überholt: Mit der Wahl des Zeppelinfeldes als Bühne hat „Rock im Park“ seine ganz eigene Identität geschaffen und prägt bis heute die Festivalkultur in Deutschland.
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