Wer sich an Buhrufen aufgeilt, hat den ESC nie verstanden – Warum die Zensurvorwürfe absurd und gefährlich sind

Stage (über Corinne Cumming/EBU)
Stage (über Corinne Cumming/EBU)

Die jüngsten Behauptungen einiger Influencer, beim Eurovision Song Contest 2025 seien Buhrufe gegen die israelische Künstlerin Yuval Raphael systematisch zensiert worden, entbehren jeder Grundlage. Bei genauerer Betrachtung entlarven sich diese Spekulationen nicht nur als haltlos, sondern auch als gefährlich.

Denn sie nähren ein verzerrtes Narrativ und betreiben bewusste Desinformation – meist aus Empörungslust oder Kalkül.

Die Realität: Buhrufe waren hörbar und dokumentiert

Während der Proben und Live-Shows des ESC 2025 in Basel waren Buhrufe gegen die israelische Delegation hörbar – und zwar mehrfach. So berichtete etwa die Badische Zeitung, dass Yuval Raphael beim Finale sowohl Applaus als auch Buhrufe aus dem Publikum erhielt. Auch während der Flaggenparade (2024), in Proben (Israel, 2025) und bei der Performance (Israel, 2025) waren Missfallensäußerungen deutlich zu hören – nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen die EBU (2024) selbst.

Das bedeutet: Wer auch nur im Ansatz behauptet, diese Buhrufe seien „weggeschnitten“ oder unterdrückt worden, ignoriert die dokumentierte Faktenlage. Buhrufe gab es. Öffentlich. Laut. Nachweisbar.

Dress Rehearsals als vermeintliche „Beweise“? Absurd.

Trotz dieser offensichtlichen Realität greifen einige Influencer zu einem fragwürdigen Trick: Sie nehmen Ton- und Bildmaterial aus den sogenannten Dress Rehearsals – also Proben, die explizit nicht für die Ausstrahlung gedacht sind – und stellen diese als angeblich „zensierte Live-Versionen“ dar. Dabei ist längst bekannt: In diesen Proben werden Tonspuren, Schnitte und Kameraeinstellungen bewusst geprobt; Buhrufe waren auch hier zu vernehmen (Israel, 2025). Wer dieses Material dann als „Beweis“ für angebliche Eingriffe anführt, ist entweder schlecht informiert oder betreibt vorsätzliche Irreführung.

Die EBU hat eindeutig Stellung bezogen

Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hat sich mehrfach und unmissverständlich geäußert: Es gibt keine gezielte Tonmanipulation, um Buhrufe zu unterdrücken – weder in diesem noch in vergangenen Jahren. Der ESC sei ein politisch neutraler Wettbewerb, und diese Neutralität gelte auch für die Übertragung.

Wer sich an Buhrufen aufgeilt, hat den Contest nicht verstanden

Viel beunruhigender als die falsche Zensurdebatte ist jedoch die Freude mancher Menschen an der Vorstellung, ein Land – in diesem Fall Israel – werde öffentlich ausgebuht. Wer sich daran aufgeilt, dass Menschen aus politischen Gründen ausgepfiffen werden, hat den ESC ganz sicher nicht verstanden. Dieser Wettbewerb ist kein Tribunal, keine Bühne für ideologische Machtspiele. Sondern ein Ort der Musik, der Vielfalt, des Miteinanders. Wer Buhrufe feiert, betreibt das Gegenteil von Aufklärung. Er fördert Spaltung und vergiftet das Miteinander.

Fazit: Haltung statt Hysterie

Die Zensurvorwürfe rund um den ESC 2025 sind ein Paradebeispiel dafür, wie schnell sich Unwahrheiten im digitalen Raum verbreiten – und wie leicht Menschen ihnen auf den Leim gehen, wenn Emotionen mit Fakten verwechselt werden. Dabei wäre es so einfach: Quellen prüfen, Kontext verstehen, kritisch denken. Wer stattdessen auf Desinformation hereinfällt – oder sie absichtlich streut –, macht sich mitverantwortlich für die Vergiftung eines Formats, das eigentlich das Gegenteil will: Verbindungen schaffen, wo sonst Grenzen verlaufen.

Wer den ESC liebt, sollte genau das verteidigen. Und sich nicht daran berauschen, wenn andere ausgepfiffen werden. Denn das ist nicht „mutig“. Das ist einfach nur pervers.

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