Die alarmierende Zahl von rund 10.300 Suiziden im Jahr 2023 in Deutschland wirft ein Schlaglicht auf ein weitgehend tabuisiertes Thema. Wie das Statistische Bundesamt anlässlich des Welttages der Suizidprävention am 10. September mitteilte, starben damit mehr als dreimal so viele Menschen durch Suizid wie durch Verkehrsunfälle.
Obwohl die Gesamtzahl der Suizide im langfristigen Vergleich deutlich gesunken ist, zeigt der erneute Anstieg um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr, dass das Problem weiterhin aktuell bleibt.
Suizidrate im Langzeitvergleich
Während die Suizidrate 2023 bei 12,2 Suiziden je 100.000 Einwohner lag, war sie in den vergangenen Jahrzehnten stetig zurückgegangen. 1980 lag sie noch bei 23,6, und auch im Jahr 2003 war sie mit 13,5 noch deutlich höher als heute. Dieser Rückgang ist ein Erfolg langjähriger Präventionsarbeit, die sich insbesondere in den Altersgruppen unter 45 Jahren niederschlägt. Doch die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht.
Besonders betroffen: Ältere Menschen
Während die Suizidrate bei jüngeren Menschen rückläufig ist, zeigt sich in den höheren Altersgruppen ein gegenteiliger Trend. Besonders in der Altersgruppe 85+ hat sich die Zahl der Suizide in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt – von 600 auf 1.300 Fälle. Der demografische Wandel, der zu einer Verdoppelung der Anzahl von Menschen über 85 Jahren geführt hat, spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch die altersspezifischen Suizidraten in dieser Altersgruppe stiegen, was die Notwendigkeit gezielter Prävention für ältere Menschen unterstreicht.
Suizid als häufigste Todesursache unter jungen Menschen
Trotz der insgesamt geringeren Fallzahlen in den jüngeren Altersgruppen ist Suizid hier besonders tragisch. Bei den 10- bis unter 25-Jährigen war Suizid im Jahr 2023 die häufigste Todesursache. Rund 18 Prozent aller Todesfälle in dieser Altersgruppe waren auf Suizid zurückzuführen – vor Verkehrsunfällen und Krebserkrankungen. Diese Zahl verdeutlicht die Dringlichkeit, junge Menschen besser zu unterstützen und frühzeitig auf psychische Belastungen zu reagieren.
Männer weiterhin stärker betroffen
Ein weiterer beunruhigender Aspekt: Männer begehen deutlich häufiger Suizid als Frauen. Rund 73 Prozent aller Suizide im Jahr 2023 wurden von Männern begangen. Dieses Verhältnis hat sich seit Jahrzehnten kaum verändert. Trotz aller Aufklärungsarbeit scheint es gerade unter Männern eine nach wie vor ausgeprägte Hemmschwelle zu geben, bei psychischen Problemen Hilfe zu suchen.
Suizidprävention und internationale Vergleiche
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einer standardisierten Suizidrate von 10,3 nahe am EU-Durchschnitt (10,2). Länder wie Slowenien und Litauen weisen wesentlich höhere Suizidraten auf, während Zypern und Griechenland deutlich darunter liegen. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass kulturelle und soziale Faktoren einen erheblichen Einfluss auf Suizidraten haben können.
Hilfsangebote
Der Welttag der Suizidprävention, der von der WHO und der International Association for Suicide Prevention (IASP) ins Leben gerufen wurde, macht auf die Vielschichtigkeit der Ursachen von Suizid aufmerksam. Psychische Erkrankungen, übermäßiger Stress, finanzielle Probleme oder familiäre Konflikte können Faktoren sein, die eine Suizidabsicht begünstigen.
Es ist daher wichtig, auf Hilfsangebote hinzuweisen. Die Telefonseelsorge bietet anonym und kostenlos Unterstützung an, rund um die Uhr unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch per E-Mail oder Chat ist Beratung möglich.
Kommentare