Der Philologenverband NRW fordert nach Auswertung der Abiturergebnisse dieses Jahres einen genaueren Blick auf den Distanzunterricht und geschlechterspezifische Unterschiede. „Wir dürfen die deutlichen geschlechterspezifischen Unterschiede in den Abiturergebnissen nicht einfach achselzuckend hinnehmen“, sagte die Vorsitzende des Landesverbands, Sabine Mistler, der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Man müsse Schlüsse aus der Zeit der Pandemie ziehen.
„Der Jahrgang, der dieses Jahr Abitur gemacht hat, war 2021 in der Coronazeit in pubertärem Alter und hatte am meisten Distanzunterricht“, sagte Mistler. Das sei sicher für alle schlecht gewesen – womöglich für Jungen aber noch nachteiliger als für Mädchen. „Der vermeintliche Schub für die Digitalisierung und neue Unterrichtskonzepte könnte vor diesem Hintergrund relativiert werden“, befand Mistler mit Blick auf den Distanzunterricht.
„Vor allem für männliche Schüler scheinen sich erhebliche Nachteile zu ergeben, wenn der enge, persönliche Bezug zur Lehrkraft und einer motivierenden Unterstützung fehlt.“ Der Philologenverband stützt sich auf die Statistik des Landesinstituts für Schule „Qua-Lis“ zum Zentralabitur an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW. Demnach fielen in diesem Jahr insgesamt rund 4,9 Prozent der Prüflinge durchs Abitur: 5,2 Prozent der männlichen und 4,6 Prozent der weiblichen Prüflinge. Schülerinnen kamen auf eine bessere Durchschnittsnote als Schüler (2,3 zu 2,45) und hatten häufiger als Jungen die Bestnote 1,0 (3,7 zu 2,5 Prozent).
Das NRW-Schulministerium teilte zu den Zahlen mit, von einem großen Geschlechterunterschied könne insgesamt nicht gesprochen werden. Selbstgesteuertes Lernen stelle ohne Frage hohe Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler, „gleichgültig, ob im analogen oder im virtuellen Raum“, hieß es aus dem Ministerium. „Um Lernende nicht zu überfordern, müssen daher die entsprechenden methodischen und personalen Kompetenzen, die dieses Lernsetting erfordert, schrittweise trainiert werden.“
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