Der Bonner Logistikkonzern DHL kritisiert ungewöhnlich hart die jüngste Entscheidung der Bundesnetzagentur, die von der Post gewünschte Portoerhöhung abzulehnen, und stellt Bedingungen für den weiteren Betrieb der Briefzustellung in Deutschland. „Wir können nicht nachvollziehen, wie man zu dieser Entscheidung kommen kann“, sagte der neue DHL-Chef Tobias Meyer der „Süddeutschen Zeitung“. Die Inflation sei höher als in der Planung, die Kosten dramatisch angestiegen, der Ertrag gesunken.
„Es stellt sich schon die Frage: Ist von den Regulierern und der Politik überhaupt gewünscht, dass wir das Briefgeschäft weiter betreiben und hier investieren?“, sagte Meyer. Auf die Frage, ob er ausschließe, dass der Konzern das Briefgeschäft in Deutschland irgendwann aufgeben könnte, sagte Meyer der SZ: „Wir müssen abwarten, was nun beim neuen Postgesetz rauskommt.“ Das Briefgeschäft in Deutschland hat nur noch einen kleinen Anteil am gesamten DHL-Umsatz, der Konzern hatte zuletzt zudem den Zusatz „Deutsche Post“ aus dem Firmennamen gestrichen.
Die Bundesregierung arbeitet gerade an einer Reform des Postgesetzes. Meyer fordert bessere und faire Bedingungen für das Briefgeschäft in Deutschland. „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit wir wirtschaftlich arbeiten können“, sagte Meyer, der seit Mai im Amt ist.
Dabei mehr Wettbewerb in einem schrumpfenden Briefmarkt „mit der Brechstange“ durchsetzen zu wollen, sei „volkswirtschaftlich unsinnig und sowohl für die Qualität der Dienstleistung als auch für die Arbeitsbedingungen nicht gut“. Zusätzliche Auflagen, die den Wettbewerb fördern sollen, lehne er ab. Meyer sagte: „Mehr Wettbewerb im schrumpfenden Briefdienst? So eine Debatte gibt es in ganz Europa nicht mehr, nur noch in Deutschland. Mehr Wettbewerb im Briefdienst passt nicht mit seit 20 Jahren deutlich zurückgehenden Volumina zusammen.“ Das Kommunikationsverhalten der Menschen habe sich in den letzten 25 Jahren enorm verändert, das Postgesetz seither aber nicht.
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