Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht durch die Einführung der Kindergrundsicherung keine direkte Verbesserung für Kinder in Armut. „Was mich wirklich frustriert ist, dass die Grundsicherung, so wie sie jetzt ausgestaltet ist, für die meisten armutsbetroffenen Kinder erst einmal keine Verbesserung bedeutet“, sagte Fratzscher dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgabe). Grundsätzlich befürwortet Fratzscher die Kindergrundsicherung.
Sie sei „ein sehr effektives Instrument“, weil sie einen wirklichen Regimewechsel bedeute. „Durch die Zusammenführung verschiedener Leistungen können betroffene Eltern das Geld für ihre Kinder leichter erhalten“, sagte der Ökonom. Perspektivisch zeigte sich Fratzscher optimistisch, was den Aufwuchs an finanziellen Leistungen für arme Kinder angeht: „Christian Lindner hat zwar durchgesetzt, dass die Kinder in Armut keinen einzigen Euro mehr kriegen. Aber in den nächsten Jahren wird sich über die Neuberechnung des soziokulturellen Minimums der Betrag deutlich steigern“, gab sich Fratzscher überzeugt.
„In vier Jahren werden wir eine Kindergrundsicherung haben, die von einem Volumen bei deutlich über 10 Milliarden Euro liegen wird. Erstens, weil die Inanspruchnahme hoffentlich Richtung 90 Prozent und mehr geht. Zweitens, weil über diese Berechnungsgrundlage des soziokulturellen Existenzminimums wirklich mehr Geld dabei herumkommen wird. Daher schaue ich optimistisch in die Zukunft.“
Die immer wieder geäußerte Kritik an der Kindergrundsicherung, dass das Geld nicht bei den Kindern, sondern ausschließlich im Portmonee der Eltern landen könnte, konterte Fratzscher mit deutlichen Worten: „Es zeugt schon von extrem viel Zynismus, wenn man unterstellt, die Eltern wollten nicht das Beste für ihr Kind und würden gar das Geld für Trinken oder für Zigaretten oder für eigene Bedürfnisse nutzen. Ein Vorwurf, der übrigens auch von den Daten widerlegt wird.“
Ebenso zynisch empfinde er das Argument, statt auf die Kindergrundsicherung zu setzen, mehr Arbeitsmarktchancen schaffen zu wollen. „Letztlich ist das ein Ablenkungsmanöver, das offenbart, dass jemand nicht versteht, was Kinderarmut wirklich bedeutet und welchen Schaden sie anrichtet“, so der DIW-Chef.
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